Selten und lebensverkürzend – eine Kombination, die Familien vor riesige Herausforderungen stellt. Zum Tag der seltenen Erkrankungen am 28. Februar macht der Bundesverband Kinderhospiz klar: Kinderhospizeinrichtungen können helfen diese Herausforderungen zu bewältigen.

28.02.2021
Laura ist 23 Jahre alt, liebt Spaziergänge mit ihrer Hündin und wohnt in einer eigenen Wohnung. „Alles ganz normal”, sagt Laura. Nur, dass sie mit persönlicher Assistenz lebt. Lauras Muskeln werden immer schwächer. Selbst gehen? Geht schon lange nicht mehr. Dahinter steckt eine Krankheit, die zu den häufigsten seltenen Erkrankungen gehört, erzählt die junge Frau. Doch Lauras Unterform sei so selten, dass ihr erst zwei Menschen mit derselben Genmutation begegnet sind. Laura hat CMT1D – die Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung.

Sie wurde schon mit drei Jahren in einer Uniklinik behandelt. Die Ärzte waren auf der richtigen Spur, kamen damals jedoch an die Grenzen der Diagnostik. Lauras Genmutation konnte erst über zehn Jahre später identifiziert werden.

„Dass Laura und ihre Familie so früh an Spezialisten geraten sind, ist großes Glück”, sagt Pia Heinreich vom Bundesverband Kinderhospiz, die viele Jahre ein stationäres Kinderhospiz geleitet hat. Dort begegneten ihr immer wieder Familien, die einen Ärztemarathon bewältigen mussten, auf der Suche nach Antworten auf die quälenden Fragen: Was hat mein Kind und wie können wir ihm helfen?

Das Problem: Die Krankheitsbilder sind vielschichtig. Je seltener eine Erkrankung, desto weniger wissen Ärzte über Symptome oder Behandlungsmöglichkeiten. Zentrale Anlaufstellen für seltene Erkrankungen sind rar. Deswegen ist der Weg zur Diagnose für viele Familien steinig – in manchen Fällen kann gar keine Diagnose gestellt werden.

Eine Diagnose ist immer mit der Hoffnung verbunden endlich zu erfahren, wie ihrem Kind geholfen werden kann. Doch häufig geht sie einher mit der Erkenntnis: Es ist nicht therapierbar. Ihr Kind wird an den Folgen der Erkrankung sterben.

Für diese Familien können Kinderhospizeinrichtungen zu einem wichtigen Partner an ihrer Seite werden. Sie öffnen ihr medizinisches Netzwerk, stellen Kontakt zu Fachärzten und zur Humangenetik her. Sie begleiten die Familien psychosozial. Durch ihre tagtägliche Erfahrung in der Betreuung dieser Kinder sind sie vertraut mit den leidvollen Symptomen – aber vor allem auch, wie man sie lindert. Ein Grund, warum viele Eltern zurückmelden: „Das ist der einzige Ort, bei dem ich mein Kind mit einem guten Gefühl in andere Hände abgeben kann.“ Oder einfach nur mal so etwas wie Urlaub machen, wenn man Laura fragt.

Als selten gilt eine Erkrankung in der Europäischen Union dann, wenn nicht mehr als 5 von 10 000 Menschen von ihr betroffen sind. Doch mit mehr als 6 000 seltenen Erkrankungen und rund vier Millionen betroffenen Menschen allein in der Bundesrepublik sind sie kein Randphänomen.