Ab dem Zeitpunkt der Diagnose stehen Eltern vor der Aufgabe, das Unwiderrufliche zu begreifen. Sie stehen im Widerstreit mit ihren Gefühlen, diese Tatsache anzunehmen, wenn es gilt zunächst anstehende Untersuchungen, Operationen und Therapien mit ihrem Kind auszuhalten, Abschied zu nehmen von einem gesunden Kind, ihre Lebensperspektiven neu zu entwickeln, den Lebensall­tag anders zu organisieren und Hilfe anzunehmen. Zudem müssen sie im weiteren Verlauf der Erkrankung ihres Kindes bewältigen, dass dieses seine mitgebrachten oder bereits erworbenen Fähigkeiten nach und nach verliert.

In der Abschiedlichkeit zu leben, ist für sie eine schwere Belastung. Hinzu kommen die Dauerbereitschaft und der körperliche Einsatz, der durch die intensive und zeitaufwändige Pflege die Eltern erschöpft. Für die ganze Familie ist der Alltag komplett durchorganisiert. Sie müssen zur Pflege und Betreuung des erkrankten Kindes Familie und Beruf in Einklang brin­gen und den Geschwisterkindern gerecht werden. Für die Pflege der Paarbeziehung bleibt ihnen wenig Zeit.

Die Geschwisterkinder wachsen angesichts dieser Situation in einem Spannungs­feld zwischen Behütetsein und Auf-sich-selbst-gestellt-sein auf.

Einerseits macht sie das zu selbständigen, zeitweise aber auch zu bedürftigen Kin­dern. In dem Wissen darum machen sich Eltern oft Sorgen, ob ihre Kinder einer­seits „zu gut funktionieren“ und andererseits „nicht funktionieren“. Die Erziehung wird zur Gratwanderung.

Durch die Erfordernisse in dieser Lebenssituation ist der Anschluss an soziale Kontakte außerhalb der Familie erschwert und mit viel Organisation verbunden. Manchmal hindert sie ein Gefühl des Angebundenseins, das ihnen nicht die Ruhe gibt „weg zu sein“. Frühere Freundschaften gehen manchmal verloren.

Die finanzielle Situation der Familie ist häufig angespannt, da zumeist ein Eltern­teil durch die Pflege des erkrankten Kindes nicht arbeitsfähig ist. Aufgrund der besonderen familiären Situation entstehen Kosten, die über die Leis­tungen der Kostenträger hinausgehen, wie zum Beispiel der Umzug in eine behin­dertengerechte Wohnung.

Die Auseinandersetzung mit Sterben und Tod ist ein immerwährendes Thema, mit dem sich die Eltern beschäftigen. Sie stehen kritischen Situationen gegenüber, in denen der Abschied ganz nah scheint und aus denen heraus sich das Kind plötzlich wieder erholt. Dies ist ein emotionaler Kraftakt, dem Eltern manchmal über längere Zeit ausgesetzt sind und der sie erschöpft.