Lebensverkürzend erkrankte Kinder werden nicht ausreichend versorgt / Internationaler Tag der Kinderrechte

Viele unheilbar kranke Kinder, die absehbar sterben werden, sind in Deutschland ärztlich und pflegerisch schlecht versorgt. Damit verstößt Deutschland nach Ansicht des Bundesverbands Kinderhospiz (BVKH) gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die allen Kindern ein Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit zugesteht. Darauf macht der Bundesverband Kinderhospiz als Dachorganisation vieler ambulanter und stationärer Kinderhospize anlässlich des heutigen Internationalen Tags der Kinderrechte aufmerksam. In Deutschland sind nach aktueller Schätzung mehr als 40 000 Kinder so schwer erkrankt, dass sie wohl sterben werden, bevor sie erwachsen sind.
„Was die Gesundheitsversorgung lebensverkürzend erkrankter Kinder angeht, hat Deutschland noch einiges zu tun, um dem UN-Regelwerk gerecht zu werden“, sagt BVKH-Geschäftsführerin Sabine Kraft. Laut Artikel 24 der UN-Kinderrechtskonvention verpflichten sich alle Vertragsstaaten – also auch Deutschland – dazu, sicherzustellen, dass alle Kinder die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge erhalten. „Tatsächlich aber“, erläutert Sabine Kraft, „gibt es viele Hundert, wenn nicht gar Tausende Familien hierzulande, deren lebensverkürzend erkrankte Kinder nicht ausreichend ärztlich und pflegerisch versorgt werden. So gibt es längst nicht genügend Palliativmediziner speziell für Kinder, die beispielsweise im Notfall rasch verfügbar sind oder eine passende Schmerzmedikation verordnen können.“ Immer wieder führt das dazu, dass Eltern mit ihrem schwerstkranken Kind weite Strecken, teils Hunderte Kilometer, zu einem Facharzt fahren müssen – und ansonsten weitgehend auf sich selbst gestellt sind. „Aus unserer Sicht ist noch einiges zu tun, damit lebensverkürzend erkrankte Kinder tatsächlich die laut UN-Kinderrechtskonvention garantierte notwendige ärztliche Hilfe erhalten“, so Kraft.
Auch eine gute pflegerische Versorgung ist aus Perspektive des BVKH viel zu häufig nicht gesichert: „Das liegt am gravierenden Fachkräftemangel in der Kinderkrankenpflege“, sagt Sabine Kraft. „Besonders drastisch ist das bei der Versorgung eines schwerstkranken Kindes zu Hause: Wir hören wirklich regelmäßig, dass Familien einfach gar kein oder viel zu wenig Pflegepersonal finden und dann die Versorgung ihrer Kinder quasi alleine stemmen müssen. Tag und Nacht zuständig, ununterbrochen in Alarmbereitschaft und Sorge und das teils über Wochen, Monate oder gar Jahre: Das ist für viele Eltern schlicht eine Überforderung. Eine optimale pflegerische Versorgung der Kinder im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention kann aus meiner Sicht so gar nicht gewährleistet sein. Und die Personalnot in der Kinderkrankenpflege bleibt unverändert groß – allen bisherigen politischen Bemühungen zum Trotz.“
Und nicht zuletzt gefährden auch ausufernde Bürokratie und Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen oder -versicherungen immer wieder eine umfassend gute pflegerische Versorgung von unheilbar kranken Kindern: „Es gibt Fälle, in denen die Krankenkasse oder der private Krankenversicherer eine nötige Bewilligung für eine Intensivpflege zu Hause verweigert – oder eine bereits erteilte Bewilligung zurückzieht“, berichtet Sabine Kraft. „Damit fehlt dann die Grundlage für eine gute ambulante Pflege durch Fachkräfte – und das wiederum bringt letztlich die Gesundheit der Kinder in Gefahr.“ Betroffene Eltern müssten dann in einen Papierkrieg ziehen: aufwändige Widersprüche einlegen, Gutachten erstellen lassen – all das koste Zeit und Nerven, die die Familien nicht hätten, so Kraft. „Offizielle Zahlen, wie häufig solche Auseinandersetzungen vorkommen, gibt es zwar nicht. Aber jeder einzelne Fall, in dem eine ohnehin schwerst belastete Familie die Intensivpflege ihres Kindes vor Gericht erstreiten muss, ist ein Fall zu viel. Aus unserer Sicht ist das schlicht eine unzumutbare Belastung für die Betroffenen – und ein Armutszeugnis für ein so reiches Land wie Deutschland, das auf internationaler Ebene doch eigentlich ein Vorbild bei der Umsetzung von Kinderrechten sein müsste.“